Geschichten

Geschichte

Der Sinn des Lebens

Es war einmal ein Gärtner, der mit sich nicht sehr viel anfangen konnte. Da vernachlässigte er seine Arbeit und alsbald zog er in die Welt hinaus, weil er sie kennenlernen wollte. Da verkam sein Garten. Die Bäume wurden nicht mehr gepflegt, das Gras wuchs in Büschen und es wuselten die Tiere auf seinem Land herum, dass es ihnen eine Freude war. Die Bienen summten, die Hummeln brummten und mancher Schmetterling zog von Blüte zu Blüte. Da wuchs der Garten zu einem kleinen Paradies für alle Arten von Lebewesen heran. Alles gedieh oder missriet, wie es die Natur gerade konnte. Da hatte niemand ein Auge darauf. Nur die Abwesenheit des Gärtners missfiel den Leuten im Dorf. Er war einmal ein fleißiger Kerl gewesen, aber was er jetzt tun würde, konnten sie nicht sagen. So tuschelten sie miteinander über dessen Verbleib und irgendwann hatten sie ihn vergessen. Dann waren andere Dinge präsenter. An ihn hatten jedoch noch immer seine Gartenhütte und das verwahrloste Grundstück erinnert.

Derweil war der Gärtner zu einem Landstreicher auf der Suche nach dem Glück geworden. Weil er es bisher bei seiner Arbeit nicht finden konnte, veränderte er sich. Aus einem fleißigen Gesellen wurde so ein lebenslustiger Hallodri ohne Beständigkeit. Damit war er zwar nicht glücklich und schon gar nicht zufrieden, aber besser als die Zeit zuvor war es allemal. Das redete er sich jedenfalls ein. Mit einem gewissen Maß an Redlichkeit unter seinen Wams war er Gott sei Dank ausgestattet. Darum war er immer darauf aus, Mitgenossen auf seinem Weg aufzutun und mit diesen gemeinsam eine ganze Weile dem Glück entgegenzugehen. 

Da war er einmal mit einem Flötenspieler unterwegs. Der trällerte zuweilen wunderbare Lieder auf seinem Gerät. Jedoch war er eher wortkarg, wenngleich seine Natur fröhlich erschien. Da kam der fahrende Gärtner nicht so recht mit ihm ins Gespräch. Doch eines Abends am Feuer, fragte er ihn gerade so heraus, was denn seiner Meinung nach der Sinn des Lebens wäre. Das brachte den Flötisten zum Schmunzeln, er zuckte seine Querflöte und trällerte eine wunderschöne Melodie. Kurz, prägnant und alsbald wieder vorbei war dieser Moment. Im Nachgang daran sprach er seine Gedanken aus. Die Flöte zu spielen als Sinn für das Leben würde vollkommen ausreichend sein, meinte er. Kaum war das gesagt, dachte der Landstreicher nach und ging in sich. Er schaute auf seine groben Hände und wurde traurig. Wie sollte es jemals zu etwas kommen, wenn das Leben doch so schwierig sein würde. - Da versagten seine Kräfte bald und er musste weinen. Den Sinn des Lebens hatte er noch immer nicht gefunden, auch wenn er schon so lange unterwegs war und mit so vielen Menschen gesprochen hatte. Mit einem Mal kam ihm der Zweifel, ob er überhaupt ein rechtschaffener Mensch wäre. Da kam er nicht heraus und darum legte er sich schlafen. Derweil knackte das brennende Holz im Feuer noch eine ganze Weile lang vor sich hin und ging schließlich aus. Da wurde es kalt, die Nacht war lang und am Morgen verhagelte den beiden ein Regenschauer die Stimmung. 

Da packten sie in der Frühe des Morgens alles zusammen, was sie als ihr Hab und Gut bezeichnen konnten und brachten es vor dem Regenguss in Sicherheit. Sie stellten sich bei einem nahen Bauernhof unter und harrten dort aus, auf dass ihnen alles nichts anhaben konnte. Da kam der Bauer aus dem Haus, sah die beiden und bat sie in seine Stube. Sie erzählten von Ihren Erlebnissen und der Bauer hörte sich es an. Als der Flötenspieler zuletzt seine Flöte auspackte, trug es sich zu, dass einen Moment lang alles wie vergessen schien und alle ihr Glück gefunden zu haben meinten. Dann verklang sein Lied und es gab etwas Zünftiges zu essen. So konnte man leben und so machte es Spaß. Da gingen die beiden noch eine ganze Zeit lang gemeinsam durch die Welt und lernten sich gut kennen. 

Einmal aber fragte der Flötenspieler seinen Mitgenossen, was denn der Grund für seine Wanderschaft war. Das könnte noch lange so weitergehen, meinte er, aber die Fragestellung, ob es zu etwas Gutem führen würde, sollte man nicht aus den Augen verlieren. 

Da sprach der Gärtner endlich von sich, klagte sein Leid und gab zu, dass er mit seinem Leben nicht zufrieden gewesen war. Er hatte wenig Sinn dabei gefunden, was er tat. Mit jedem neuen Jahr wäre sein Leben beschwerlicher für ihn geworden und seine Sehnsucht wäre gewachsen. Irgendwann habe ihn der letzte Rest an gutem Willen verlassen und da war er ausgezogen, um die Welt kennenzulernen. 

Da unterbrach der Flötenspieler die Rede des anderen und fragte wiederum, was er sich davon versprochen hatte, die Welt zu kennen. Alles, was wir von der Welt sagen könnten, müssten wir zuvor erfahren haben. Aber mit uns hat das nichts zu tun. Es ginge allen gleich. Darum wäre es auch für uns nicht anders vorgesehen. Daraufhin brach er seine Rede ab und zog den Wandersmann mit einer getragenen Melodie in seinen Bann. 

Einer gedanklichen Reise gleich kam da dem Wandersmann der Moment vor. Seine Vision vom Glücklichsein ebbte eine ganze Weile ab und machte anderen Gedanken Platz. Da war der Mann sehr dankbar und honorierte es dem Flötenspieler mit einer Umarmung. Sie waren beide sehr froh um die gute Wendung des Gesprächs und es schien alle Sorge mit einem Mal wie weggeblasen zu sein. Mit heiterer Gesinnung und froher Miene verbrachten sie noch manchen Tag miteinander und dann zog der Flötenspieler in eine andere Richtung weiter als der Gärtnersmann. 

Gestärkt von den guten Gesprächen mit diesem Menschen auf den langen Märschen kam sich der Gärtner ein Stück weit klüger vor. Seine Wahrnehmungen waren stimmig, seine Stimmung stabil. Immer dann, wenn er in der Nähe einen Vogel sein Liedlein trällern hörte, war ihm so, als käme ihm sein Freund, der Flötenspieler, in seine Erinnerung zurück. Das mochte er und so hatte er damit einen Frieden. Sein Weg führte ihn durch manches Dorf und zu mancher Stadt. Mal verdingte er sich und mal zehrte er von dem, was er hatte. Aber immer hielt er Ausschau nach weiterem Glück. Mitunter sah er dem Lauf der Dinge etwas Gutes an, aber mitunter verstand er deren Wesen noch immer nicht. Da trug er seine Gedanken an sich und grübelte über sich nach. Was wäre der Sinn davon, so fragte er sich noch immer. 

Da kam er an einem Bauernhof an und sprach mit den Leuten dort. Er fragte an, ob er bleiben könnte, um dabei zu helfen, die Ernte einzuholen. Man willigte sogleich ein, weil man ihm eine gewisse Tüchtigkeit ansah. Auch war er keiner Schwäche verfallen. Da hatte er eine gute Zeit mit den Leuten vom Hof und packte mit an. Man brachte die Ernte zeitig ein und es gab oftmals gute, warme Mahlzeiten und Brot dazu. Damit war der Gärtnersmann zufrieden. Als es aber dazu kam, dass eine der Mägde Gefallen an ihm fand, verbrachte er viel Zeit mit ihr. Es war schön, den beiden zuzusehen, wie sie miteinander umgingen. Da kam es zu mancher guten Stunde, ihre Freundschaft besiegelten sie alsbald. Es war allen eine Freude. 

Da es aber im Leben der Magd noch keine Bindung gegeben hatte und der Gärtner auch noch ohne Frau war, beschlossen sie, dass sie füreinander bestimmt wären. Sie gaben sich in der Kirche das Jawort vor dem Herrn und es gab ein Fest. Man feierte und man hatte Träume. Hoffnungen gingen umher, Wünsche wurden ausgesprochen. Manchen Ortsansässigen waren die beiden so lieb, dass sie von ihnen beschenkt wurden. Da gab es ein paar Gänse, eine Geige und obendrein auch noch einen Leiterwagen. Solchermaßen ausgestattet, gingen sie zusammen fort. Doch das war noch gar nicht alles. Seine Frau hatte unter ihrem Herzen ein Geheimnis verborgen, welchem sie in wenigen Monaten das Leben schenken würde. Das wussten beide, und darum zogen sie zurück an den alten Platz, jenen Garten mit der Hütte, zu welcher der Gärtner eigentlich gehörte und die er jetzt wieder bewohnen wollte. 

Einige Tagesmärsche lang brauchte der Weg, den sie gehen mussten. Da zog er den Leiterwagen, es watschelten derweil die Gänse hintendrein. Seine Ehefrau spielte des Abends am Feuer einige Male ein schönes Lied auf ihrer Geige und so hatten sie es nicht mehr gar so weit bis zum eigentlichen Glück. Als sie aber im Garten angekommen waren und die Hütte in gutem Zustand vorfinden konnten, lachten sie auf und waren erleichtert. Ein paar Handgriffe hier, ein paar Reparaturen dort, und alles schien wieder bewohnbar zu sein. Es regnete bei schlechtem Wetter nicht durch das Dach, bei Sonnenschein staute sich kaum Hitze. Zudem war der Garten nach all den Monaten seiner Verlassenheit wunderbar herangewachsen. Es wimmelte nur so von Lebensfunken. Die Natur schien ihr Handwerk zu verstehen. 

Jahre kamen und Jahre gingen. Das Kind wuchs zu einem angenehmen Wesen heran und erlernte das Geigenspiel bei seiner Mutter. Vom Vater bekam es den Glanz in den Augen und die Freude am Schönen. Alle paar Jahre bekamen sie zudem Besuch von einem alten Freund des Gartenbauers. Der Flötenspieler tauchte mitunter unvermittelt auf, weil er zufällig in der Nähe gewesen war oder vielleicht sogar, weil er seinen guten Freund wiedersehen wollte. Dann gab es etwas Ordentliches zu futtern und es wurde noch lange der Klang der Musik ums Haus der Familie gehört. Der Gesang der Geige und der Flöte Ton brachten die Menschen zusammen und so gab es immer wieder Grund, um ein Fest zu feiern. Derweil tanzten und spielten die Kinder ums Haus herum und es war ein Leben ohne Sorgen. 



Geschichte 

Chaka Chaka und die Feuerwalze

Neulich, eines Nachts bei einem Zusammensein von uns Freunden, habe ich etwas erlebt, was mir im Nachhinein unheimlich vorgekommen ist. Wir haben zusammengesessen und miteinander gesprochen. Unsere Gruppe ist dabei einheitlich aufgetreten, wir haben uns gut verstanden. 

Plötzlich hat sich die Welt bei uns gedreht und es ist eine Gefahrensituation entstanden. Ein an die Wand gemalter Teufel hat uns bedroht. Da haben wir den Schemen vernommen. Zugleich habe ich wahrgenommen, wie man hinter uns Fässer mit Pech ausgeschüttet hat und dieses schwarze Material hat man dann auch angezündet. Da ist es zu einer Feuerwand geworden. Derweil hat der Schatten an der Wand damit begonnen uns anzugreifen. 

Wir haben in diesem Kampf einander beigestanden. Er hat alle Härte dieser Welt an sich aufgezeigt. Da hat einer unter uns seine Kräfte zum ersten Mal eingesetzt. Dabei hat er ein Gegenmittel erzeugt, welches vor dem Teufel geschützt ist. Es ist ein gläsernes Gefäß gewesen, in welchem himmlisches Wasser enthalten ist. Die Form dieses Gefäßes hat mich an eine Sanduhr erinnert. 

Im Kampf sind wir irgendwann vorgedrungen und haben den Teufel mit seinem Volk ausgemacht. Es ist der große Chaka Chaka gewesen, ein Mann von beeindruckender Gestalt. Er hat sich an eine Wand mit einer verschlossenen Tür angelehnt. Im Dunkel der Szenerie hat seine Haut bronzefarben geschimmert. Seine Leute sind Schachspieler gewesen, deren Hirne wie Registrierkassen verschaltet sind. Einer davon hat es schlecht mit uns und allen anderen gemeint. Da haben wir ihn zuerst bezwungen. 

Er ist weggeschickt worden. Als er dagegen anzugehen versucht hat, haben wir zu ihm gesagt, dass es genügend andere Schachvereine gibt, die gute Spieler suchen. 

Im Nachgang daran habe ich mit Chaka Chaka gesprochen. Ich habe angeboten, die Kopfschmerzen seiner Leute mit dem Glasflakon zu beheben. Nach einem ersten erfolgreichen Versuch hat auch Chaka Chaka sich dieser Prozedur unterzogen. Dadurch ist er weiß geworden, wir haben ihn von seiner Laune geheilt. Er hat mit einem Mal ein weißes Stoffgewand getragen, welches am Kopf bei der Kapuze mit einer orangeroten Kordel gehalten wird. 

Einem Lichtspiel gleich ist das Gute in der Welt wieder in Ordnung gekommen und ich bin aus meinem Schlaf aufgewacht.